Die Geschichte des Circus Busch Roland

Königlich Preußischer Kommissionsrat: Prinzipal Paul Busch

 

 

Paul Busch (1850 – 1927), Sohn eines Berliner Weinhändlers, späterer Kavallerist und Reitlehrer, gründete 1884 im dänischen Svendborg mit seiner begabten Frau Constanze den Circus Busch. 1895 eröffnete er in der Reichshauptstadt einen prunkvollen, 3.500 Besucher fassenden Circuspalast, der bald als Heimstatt klassischer, zugleich auch zeitgemäßer circensischer Kunst galt. Sogar die kaiserliche Familie beehrte dem Königlich Preußischen Kommissionsrat mir regelmäßigen Besuchen seiner glanzvollen Inszenierungen.

Seine älteste Tochter Paula Busch (1886 – 1973) führte das Unternehmen, das in Hamburg, Breslau und Wien weitere feste Häuser unterhielt, ab 1918 mit jugendlichem Elan und schriftstellerisch beflügelter Fantasie durch vier bewegte, von Krisen und kriegsbedingten Zerstörungen gezeichnete Jahrzehnte. Nach dem zweiten Weltkrieg feierte sie 1952                     mit einem grandiosen Gastspiel in West-Berlin das Come-back ihres Circus Busch-Berlin,                                                             der bis 1961 mit wechselndem Erfolg unterwegs war.                                                                                          

Pa    Paula’s Tochter Michaela Busch (1913 - 1969) tourte mit einem Zweitunternehmen 1953 sogar durch Ostasien                      und spielte in Singapore, Kuala Lumpur und Hongkong. Während des Gastspiels auf der Insel Ceylon                                        (heute Sri Lanka) entstand der Spielfilm „Sterne über Colombo“ mit Kristina Söderbaum und Willy Birgel.


Will Aureden - Vom Redakteur zum Circus-Chef
 
Journalist Will Aureden (1902 - 1980) und seine aus Bremen gebürtige Gattin Ada (1911 – 1997) hatten Winter 1947-48 in den ausgebombten Hallen der Weserflug-Werke nahe der Hansestadt ihren Circus ROLAND entstehen lassen, der seinen Namen dem steinernen Wahrzeichen am bremischen Rathaus entliehen hatte. Am 2. Mai 1948 startete in Delmenhorst die erste, unsichere Saison. Wiederaufbau und Währungsreform waren die aktuellen Themen in jenen Tagen. Auf Reserven konnte die junge Direktion nicht zurückgreifen. Einziges Kapital waren Auredens Erfahrung und das künstlerische Talent seiner Ada, die als Tänzerin und Soubrette am Hamburger Opernhaus eine vielversprechende Karriere dem Ruf des Circus geopfert hatte. Will Aureden hatte eigene Ideen über die Art, Circus zu machen. Die hatte er - als junger Journalist - bereits dem legendären Hans-Stosch-Sarrasani vorgehalten. Der Circuskönig hatte ihn daraufhin als Pressechef in seinem Riesenunternehmen eingestellt. In den darauffolgenden Jahren begleitete Aureden nicht nur Sarrasani, sondern auch den Hamburger Circus Hagenbeck auf weltumfassenden Tourneen, die bis nach Japan und Südamerika führten. Später brachte es sogar zum Zeitungsverleger. Doch der Traum vom eigenen Circus schlummerte in den Gedanken des begabten Pressemannes weiter.


Circus Roland auf Erfolgskurs
 
Als die Circusgiganten der Vorkriegszeit sich noch schwertaten, mit schadhaftem Material und angeschlagenem Tierbeständen den Reisebetrieb wieder aufzunehmen, sprangen Will und Ada Aureden mit ihrem Circus ROLAND in die Lücken. Schnell und beweglich zeigte sich das junge Unternehmen. Auf generalstabsmäßig geplanten Tourneen brachten die Auredens erstklassige Programme. Manchmal mit ungewöhnlichen Gästen im Manegenrund, wie die damals populären Komiker und Parodisten Ludwig Manfred Lommel, Werner Kroll oder das beliebte Comedians-Duo ,,die Jocos" aus Hamburg. So hatte das Publikum in den vielen kleineren Orten, die Will Aureden in seine Reiserouten aufgenommen hatte, noch keinen Circus erlebt. Bald als ,,Norddeutschlands größter Circus" firmierend, gewann ROLAND in kurzer Zeit in der gesamten Bundesrepublik die Zuschauer für sich. Zusätzliche Popularität gewann das   aufstrebende Unternehmen durch seine Mitwirkung in Film- und Fernsehproduktionen. Bereits 1952 wurde in Berlin-Spandau ,,Phantom des großen Zeltes" mit René Deltgen gedreht. ,,Schwarzwaldmädel" folgte 1953 und 1959 bildete ROLAND den Rahmen für den UFA-Farbstreifen ,,Meine Heimat ist täglich woanders". Während des Hamburger Gastspiels 1967 drehte das ZDF die 13-teilige Serie ,,Circus meines Lebens" mit Luise Ulrich im Circus ROLAND.


Fusion mit Paula Busch – der „Doppel-Circus“ entsteht
 
Inzwischen hatte sich Will Aureden zur Fusion mit Paula Busch, der ,,Grande Dame" des Circus entschlossen. Der Quereinsteiger, seit 1961 tatkräftig unterstützt von Geschäftsführer Heinz Geier, verfügte über das Know-how des modernen Circus-Reisebetriebes und war für Paula Busch Garant für die Fortsetzung der Tradition ihres Circus BUSCH-BERLIN. 1971 übernahm Heinz Geier, dem „Madame“ Paula den Künstlernamen ,,Busch" zugebilligt hatte, den DOPPEL-CIRCUS BUSCH-ROLAND in eigener Regie. Will Aureden blieb dem vom ihm gegründeten Circus jedoch auch weiterhin eng verbunden. Mit Heinz Geier –Busch (1923 – 1994) brach für den Circus BUSCH-ROLAND eine neue Ära an; nicht zuletzt auch dank des unermüdlichen Einsatzes seiner Gattin Ingrid (1930 – 2006)), die er 1956 aus dem westfälischen Gladbeck – wo sie als Gewerkschaftssekretärin tätig war – weggeheiratet hatte. Heinz Geier-Busch erkannte die Notwendigkeit einer inneren Reform der streng hierarchischen, ja teilweise noch archaischen Strukturen der Circusbranche. Die Gründung einer Circusschule, Bereitstellung von Dusche- und Aufenthaltswagen fürs Personal und die Aufstellung einer behördlich anerkannten Werkfeuerwehr gehörten zu den wichtigsten Initiativen des aufstrebenden Circuschefs. Heinz Geier-Busch machte sich auch außerhalb seines Unternehmens um das Ansehen des Berufsstandes verdient und durch geschicktes Verhandeln mit Bundesbehörden und Tarifpartnern konnte er wesentliche Erleichterungen und Einigungen erzielen.


Heinz Geier-Busch – der Grandseigneur des Circus
 
Internationales Ansehen errang BUSCH-ROLAND nicht nur auf regelmäßigen Tourneen durchs westeuropäische Ausland, sondern vor allem durch Sonder-Gastspiele in den damaligen „Ostblockstaaten“ Rumänien (1974) und Ungarn (1975), wo das komplette BUSCH-ROLAND-Programm in den festen Circusbauten von Bukarest und Budapest große Erfolge erlebte. Eine besondere Verbindung baute Heinz Geier-Busch zum Staatszirkus der DDR auf, die bereits in den 70-er Jahren mit Engagements bekannter Darbietungen begann und mit der Verpflichtung von Weltstars wie Ursula Böttcher oder Uwe Schwichtenberg einen Höhepunkt deutsch-deutscher Circusgeschichte erreichte. Mit seiner eigenwilligen, markanten Persönlichkeit prägte der aus Hamburg stammende Direktor das Image seines Circus. Persönliche Präsenz, ob in den Medien, bei offiziellen Anlässen, vor allem aber in der Manege, war ihm wichtig. Süchtig war er nach Anerkennung für sich und seinen Circus, den er bis zum Schluss als sein Lebenswerk betrachtete.


Oliver Geier-Busch setzte neue Maßstäbe
 
Inzwischen hatte sich Nachwuchs eingestellt. Der 1957 geborene Sohn Oliver durchlief – nach gediegener schulischer Ausbildung – alle Stufen des Circusbetriebes und zeigte bald ein besonderes Interesse für die Technik. Nach Auslandsengagements mit der hauseigenen Tigergruppe und der von ihm entwickelten Luftartistik-Darbietung trieb er die Modernisierung des Unternehmens mit leichterem Material und der Umstellung von Bahn- auf Straßentransport kräftig voran. Durch den plötzlichen Tod von Heinz Geier-Busch am 12. Juli 1994 sah sich der inzwischen 37-jährige Oliver Geier-Busch von heute auf morgen mit der Herausforderung konfrontiert, das traditionsreiche Unternehmen „auf Kurs zu halten“. Dazu gehörte für ihn vor allem die Prägung einer erkennbaren Programmkonzeption, die durch die Verpflichtung junger, talentierter Künstler, Tierlehrer und vor allem Clowns der „neuen russischen Schule“ von sich reden machte. Dabei agierte der Chef – anders als sein Vater – selbst eher „backstage“.


Filip Geier-Busch - mit 22 Jahren jüngster Direktor Deutschlands
 
Wie einst Kommissionsrat Paul Busch seiner gerade 32-jährigen Tochter Paula die Leitung seines Circus-Imperiums übertragen und Heinz Geier Busch seinem Sohn im Alter von 25 Jahren mit umfangreichen Vollmächten ausgestattet hatte, erkannte auch Oliver Geier-Busch die Notwendigkeit, die Fähigkeiten der neuen Generation rechtzeitig in die Pflicht zu nehmen. So übertrug er Sommer 2004 die Leitung des Circus BUSCH-ROLAND auf seinen erst 22-jährigen Sohn Filip, dem mütterlicherseits böhmisch-tschechisches Artistenblut durch die Adern fließt. Mit dem von Medien und Publikum gleichermaßen gefeierten „9. DRESDNER WEIHNACHTS-CIRCUS“ gab Filip Geier-Busch (geb. 1982), damals jüngster Circusdirektor Deutschlands, eine glanzvolle Kostprobe seines künstlerischen Talents ab, während seine gediegenen Kenntnisse als Informatiker im kaufmännischen und organisatorischen Bereich des Unternehmens erfolgreich Anwendung fanden.


Herausforderungen des 21. Jahrhunderts
 
Das zum Beginn des 21. Jahrhundert einsetzende Aufkommen des Internets, mit völlig neuen Formen der Kommunikation und unbegrenzt verfügbarer Unterhaltung bedeutete für die herkömmliche Veranstaltungsbranche – und damit auch für die Circuswelt – eine nur schwer zu begegnende Konkurrenz. Viele Unternehmen im In- und Ausland sahen sich gezwungen ihre Betriebe still zu legen, weil durch die stark rückläufigen Besucherzahlen keine ausreichenden Einnahmen mehr erzielt werden konnten. Auch der Circus BUSCH-ROLAND stellte 2009 den Betrieb ein. Der seit 1994 von BUSCH-ROLAND veranstaltete und weiterhin erfolgreiche Dresdner Weihnachts-Circus lief indes weiter, allerdings unter der Direktion von Mario Müller-Milano. Mit künstlerischen Ideen, musikalischer Begabung und technischem Verstand blieb Filip Geier-Busch maßgeblich an der weiteren Entwicklung dieser Traditionsveranstaltung beteiligt.


75 Jahre nach seiner Begründung steht der Name „ROLAND-BREMEN“ nach wie vor für hanseatisch geprägte Seriosität und im 140. Jahr seines Bestehens repräsentiert das Signet „BUSCH-BERLIN“ die große circensische Tradition der Hauptstadt. Der Kurzformel „BUSCH-ROLAND“ (patentrechtlich geschützt) gilt schließlich seit einem knappen halben Jahrhundert weit über Deutschlands Grenzen hinweg als Inbegriff zeitgemäß servierter, hochkarätiger Circuskunst.   


„REVIVAL 2024“ – Neubeginn für Busch-Roland
 
Doch der stille Wunsch, den Circus BUSCH-ROLAND eines Tages neu aufleben zu lassen, blieb dem mittlerweile 42-jährigen Veranstaltungsfachmann in Gedanken. Gerade nach dem Abebben der Corona-Pandemie machte sich eine Rückbesinnung auf den Wert live erlebter Kultur und Unterhaltung bemerkbar. Filip Geier-Busch sah darin die Chance, den Namen Busch-Roland, der einst ein Markenzeichen für künstlerische Qualität, gediegene kaufmännische Führung und tadellose Organisation war, neues Leben einzuhauchen. So wird der Circus BUSCH-ROLAND 2024 den Tourneebetrieb unter dem Motto „REVIVAL 2024“ wieder aufnehmen. Filip Geier-Busch suchte dazu die Zusammenarbeit mit dem pur-sang-Circusmann Gino Frank, Spross einer der ältesten und weitverbreiteten Circus- und Artistenfamilien Deutschlands, der mit seiner Familie und Mitarbeitern die gesamte Infrastruktur mit modernstem Material und effektiver Logistik einbringt. Filip Geier-Busch steht für die künstlerische Leitung, Zusammenstellung des Programms sowie für die Licht- und Tonregie, mit dem ukrainischen Musikdirektor Oleksandr Krasyun an seiner Seite.